Die in diesem Buch veröffentlichten Interviews und Texte sind im Rahmen der von "Spiegel TV" produzierten und im ZDF ausgestrahlten Reihe "Wettlauf um die Welt" entstanden. In dieser sehr sehenswerten Dokumentation wird erzählt, wie globales Wirtschaften funktioniert. Der Schiffskapitän Mischa Richter muss einen strengen Fahrplan einhalten, verliert im Suezkanal wichtige Zeit und registriert, wie die Umweltverschmutzung in China zunimmt. Ein in der Logistik eines Warenhauses Beschäftigter schildert, wie er im Auftrag des Konzerns Aufträge per Internet ausschreibt und wer den Zuschlag bekommt. Designer finden es selbstverständlich, am Abend die Weiterarbeit an Menschen in anderen Zeitzonen abzugeben. Diese Menschen, stellt man erstaunt fest, wissen wahrscheinlich mehr von der Globalisierung als mancher, der sich vor ihr fürchtet oder die Chancen beschwört.
Dazwischen kommen immer wieder Experten zu Wort, Professoren wie Joseph Stiglitz oder Jagdish Bhagwati, Unternehmer wie Herbert Hainer, der Vorstandsvorsitzende von Adidas, und Michael Sommer, der DGB-Chef. Die Stimmen dieser Beobachter und Praktiker sind der Schwerpunkt des Begleitbuches zur Fernsehserie. Es geht in fünf Kapiteln um die Schiffahrt, die Arbeitsplätze in China, den Aufstieg Asiens, den Umbau von Adidas zu einem globalen Unternehmen und den "Rohstoff Bildung". Ein mit deutschem Geld in Südkorea gebautes Schiff wird für zehn Jahre an China verchartert und fährt für seine Anleger gute Gewinne ein. Der Kapitän stammt aus der DDR und betrachtet sich als Globalisierungsgewinner. In Witten verlieren die Arbeiterinnen ihren Job, weil in China produziert wird, sie wissen, dass die Arbeit nicht wieder zurückkehren wird. In Singapur hat eine asiatische Erziehungsdiktatur innerhalb kurzer Zeit, mit atemberaubender Geschwindigkeit, Wohlstand gebracht. Und in Herzogenaurach ist aus einer Beinahe-Pleite fast die Weltmarktführerschaft geworden: Man spricht bei Adidas heute englisch. Was Deutschland im internationalen Wettbewerb fehlt, ist im Kapitel "Rohstoff Bildung" festgehalten.
Das Buch allein vermag in seiner Gewichtung nicht recht zu überzeugen: Die Interviewauszüge aus den Expertengesprächen machen den größten Teil aus, die spannenderen Einführungskapitel der einzelnen Schwerpunkte sind im Vergleich dazu sehr knapp gehalten. Vor dem Hintergrund der starken Bilder und O-Töne der dreiteiligen ZDF-Dokumentationsreihe aber kann es seine erklärende Kraft entfalten, weil der Leser dann vor Augen hat, um was es geht. Wer die Filme gesehen und mit dem Buch noch einmal reflektiert hat, wird begreifen, wie sehr die Globalisierung schon jetzt den Alltag mancher Menschen in unserer Mitte bestimmt und was wir anderen noch zu gewärtigen haben und – soweit möglich – mitgestalten sollten.
von Renate Wilke-Launer
aus: der überblick 04/2007, Seite 124