E
s ist ein Zeichen demokratischer Reife, wenn Bürger sich nicht darauf verlassen, dass der Staat schon alles zum Besten richten werde, sondern selbst aktiv dafür eintreten. Nichtstaatliche Organisationen (NGOs), die sich für Umweltschutz, Menschenrechte oder indigene Völker einsetzen oder helfen, Entwicklungsaufgaben zu erfüllen und soziale Probleme zu lösen, brauchten lange Zeit um ihr Image nicht zu bangen. Sie galten als effektiver als staatliche Stellen, basisnäher, selbstlos engagiert, unbestechlich und selbstverständlich als demokratisch.S
olche überhöhten Erwartungen an die Zivilgesellschaft der neue Modebegriff mussten automatisch dazu führen, dass der Lack zu blättern begann. Auch unter NGOs gibt es schwarze Schafe. Auch NGOs sind nicht gefeit gegen Korruption, Missmanagement und Ineffizienz. Auch sie haben Eigeninteressen und können manchmal gar keine demokratischen Entscheidungsprozesse zulassen, wenn sie schlagkräftig handeln wollen. Viele sind abhängig von Zuwendungen des Staates und dienen oft bereitwillig als Lückenbüßer, wenn der Staat seine sozialen Aufgaben nicht wahrnimmt. Manche entfernen sich von ihrer Mitgliederbasis und werden zu weltweit operierenden "NGO-Konzernen". In der Zivilgesellschaft spielen sich auch Machtkämpfe zwischen Interessengruppen ab, wobei jede Gruppe beansprucht, das Gemeinwohl zu vertreten. Und ob die staatenübergreifende Vernetzung von NGOs als Keim einer globalen Zivilgesellschaft gelten kann, ist umstritten.D
er anfänglich euphorischen Einschätzung von NGOs folgte also die Ernüchterung. Deshalb ist es an der Zeit, eine Bestandsaufnahme zu machen: Wo haben NGOs ihre Stärken und wo liegen ihre Schwächen? Welche Aufgaben können und sollten besser von ihnen und welche von staatlichen Stellen wahrgenommen werden? Die Antworten können von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen.Die Redaktion