Wenn man nach Frankreich oder Dänemark fährt, bemerkt man kaum noch, wo man die Grenze überquert. Doch nicht alle Staatsgrenzen sind so unauffällig. Schon Übergänge zwischen Deutschland und Tschechien sind tagsüber an Schlangen von Deutschen zu erkennen, die bei Straßenhändlern in Tschechien einkaufen wollen, und nachts an Bundesgrenzschützern, die mit Jeeps und Infrarotgeräten illegale Zuwanderer fangen. An der Südgrenze der USA soll ein neuer Zaun Eindringlinge aus Mexiko fernhalten. Und an zahlreichen Staatsgrenzen ist auch heute noch Militär konzentriert; der Extremfall ist die undurchdringliche Grenze zwischen den beiden Koreas.
Um den Verlauf vieler Grenzen wird weiterhin gestritten. Das führt zwar nur selten zum Krieg zwischen Staaten wie zuletzt zwischen Äthiopien und Eritrea. Aber auch für Bürgerkriege können Grenzen dort eine Rolle spielen, wo sie aus der Kolonialzeit stammen und mehrere Volksgruppen in einem Staat vereinen. Der Versuch, das zu ändern, würde zu endlosen Konflikten führen. Denn weder kann ein Volk eindeutig definiert werden, noch kann gemischte Besiedlung beseitigt werden - es sei denn mit Massenvertreibungen wie in Bosnien, dem Kosovo oder einst in Indien.
Grenzbefestigungen sind auch kein Zeichen von Rückständigkeit. Nach wie vor legen alle Staaten großen Wert darauf, ihr Hoheitsgebiet klar abzustecken - sogar auf See und im Luftraum. Freilich stimmt die politische Abgrenzung immer weniger mit den Grenzen des Güter- und Informationsaustauschs überein. Viele Industrie- und Schwellenländer öffnen ihre Grenzen für Waren- und Geldströme und fördern so den grenzüberschreitenden Austausch. Das Eindringen unerwünschter Waren wie Drogen oder illegale Zuwanderung versuchen sie jedoch zu verhindern. Das Ergebnis sind offenere Grenzen und gleichzeitig verfeinerte Kontrollen - etwa im Süden der USA. Die Staaten der Europäischen Union öffnen die Grenzen untereinander und schließen sie zugleich nach außen. Nur wenige Grenzen sind also so unbedeutend wie die deutsch-französische. Grenzen ändern ihre Funktion, aber verschwinden werden sie vorläufig nicht.
Die Redaktion