Es hat dem Hafen verlassen und kommt langsam in Fahrt
Nach mehrjährigen Planungen und Berechnungen hat das neue Werk der evangelischen Kirchen Gestalt angenommen und muss sich jetzt im Alltag bewähren.
von Frank Kürschner-Pelkmann
Seit dem 1. Januar arbeitet der Evangelische Entwicklungsdienst EED nun offiziell am Rhein und Anfang August sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die neuen Räume auf dem Bonner Hardtberg beziehen. Bei der Mitgliederversammlung am 1. März in Bonn stellten Aufsichtsrat und Vorstand das neue Werk vor und machten deutlich, was inzwischen alles geklärt und was noch offen geblieben ist. Die Konstruktion entstand neu aus vorhandenen Bauteilen in Gestalt selbstständiger Werke und Einrichtungen, und auch die Crew muss noch zusammenwachsen.
Während der EED nach außen hin handlungsfähig wird, also Projekte fördert und Inlandsarbeit betreibt, wird parallel der "Innenausbau" fortgesetzt und abgeschlossen. Die Mitarbeitenden drängen darauf, dass nun endlich ein Stellenplan und ein Stellenbesetzungsplan verabschiedet werden, also beschlossen wird, wer in Zukunft was tun soll. In den nächsten Wochen wird dies entschieden, hat der Vorstand zugesagt. Auch die Entscheidungsabläufe müssen noch im Detail festgelegt werden. In welchem Umfang entscheidet der Bewilligungsausschuss aus Mitgliedern des Aufsichtsrates über die Förderung von Projekten und Programmen, welche Rolle haben die Beiräte und welchen Entscheidungsspielraum hat der Vorstand?
Der Kurs des EED wurde bei der Mitgliederversammlung vom Vorstandsvorsitzenden Konrad von Bonin in knapper und klarer Forum umrissen. Hier einige Stichworte: Im Zentrum steht die Bekämpfung der Armut, die Kirchen müssen neue Antworten darauf finden, dass in verschiedenen Regionen der Welt die Krise zur permanenten Erfahrung wird. Das Thema Minderheiten und Menschenrechte wird ganz oben auf der Tagesordnung stehen, ebenso die Themen Demokratisierung und Partizipation. Partner bei diesen Bemühungen sind Kirchen, kirchliche Einrichtungen und nichtkirchliche Organisationen.
Das sind Stichworte, die zu einem Programm werden können, zu dem notwendigerweise eine intensive Lobby- und Advocacy-Arbeit im eigenen Land gehören. Bei einer Konsultation mit überseeischen Partnern im Mai wird - soviel lässt sich schon heute sagen - deutlich werden, wie groß die Erwartungen an den EED in dieser Hinsicht sind. Die Kirchen und Nichtregierungsorganisationen im Süden haben längst erkannt, wie wichtig die Entscheidungen der westlichen Regierungen, der EU und internationaler Finanzorganisationen wie der Weltbank für die Überwindung von Armut und Elend sind.
Die begrenzten personellen Kapazitäten des EED für eine solche Lobby- und Advocacy-Arbeit sind ein großes Hindernis für die Erfüllung der berechtigten Erwartungen der Partner, dass das Werk sich in die hiesigen politischen Debatte einmischt. Sinnvollerweise kann diese Arbeit nur in enger Kooperation mit Brot für die Welt geschehen. Das Ziel kann entweder durch einen Kooperationsvertrag oder durch eine Fusion der beiden Werke erreicht werden. Nur entschieden werden muss diese Frage bald. Zu Recht mahnte der Aufsichtsratsvorsitzende Bischof Christian Krause bei der Mitgliederversammlung an, der EED brauche in dieser Hinsicht eine Planungssicherheit.
Der EED gehört weltweit zu den größten kirchlichen Akteuren der Entwicklungsförderung - und hat eine entsprechende Verantwortung auch im eigenen Land. Das verpflichtet dazu, möglichst rasch voll handlungsfähig zu werden und den Kurs zu halten. Dem neuen ökumenischen Werk kann in der Seefahrtssprache nur "allzeit gute Fahrt" gewünscht werden.
aus: der überblick 01/2001, Seite 131
AUTOR(EN):
Frank Kürschner-Pelkmann:
Frank Kürschner-Pelkmann ist Redakteur der FORUM-Seiten im überblick