Lernen will gelernt sein
Seit ihrer Entstehung vor über 4000 Jahren wird die Schule kritisiert und gelegentlich totgesagt. Dennoch hat sich diese pädagogische Erfindung gerade im letzten Jahrhundert weltweit durchgesetzt. Seit 1948 ist Bildung als universales Menschenrecht festgeschrieben. Damit hat auch in Entwicklungsländern das Ziel "Bildung für alle" Vorrang in der Politik und der Entwicklungszusammenarbeit. Ob diese jedoch in Form einer formalen Bildung und in staatlichen Schulen vermittelt werden muss, ist umstritten. Auch das Bildungswesen ist gezwungen, auf gesellschaftliche Veränderungen immer wieder zu reagieren - und bedient sich dabei neuer Kulturtechniken.
von Christel Adick
Ab wann und unter welchen Bedingungen braucht eine Gesellschaft überhaupt formale Bildung? Eine Antwort auf diese Frage findet, wer sich die Anfänge der Schulentwicklung in der Geschichte der Menschheit anschaut: Nach dem, was wir heute wissen, waren es die frühen Hochkulturen im Vorderen Orient, das heißt im Alten Ägypten und in Babylonien, in denen die ersten Formen formaler Bildung "erfunden" wurden. Die Entstehung dieser ersten Schulen war eng mit der Entwicklung von Schrift und Zahl verknüpft und diese wiederum mit den Anforderungen in Wirtschaft und Verwaltung, die in den sich herausbildenden Staaten immer umfassender wurden. Zuvor wurden Wissen und Kultur den Heranwachsenden nur mündlich überliefert, von ihnen wiederholt und so gelernt. Zum Teil war das Lehren und Lernen bereits formalisiert, indem die (mündliche) Wissensweitergabe an besondere Gruppen, Institutionen oder Ereignisse gekoppelt war: beispielsweise an Initiationsriten, Altersklassen und Geheimgesellschaften.
Doch durch die zunehmende Arbeitsteilung in der Gesellschaft wurde auch das Wissen, das einzelne Berufsgruppen benötigten, immer spezieller. Für die Bewahrung und Weitergabe dieses Wissens reichte das menschliche Gedächtnis nicht mehr aus, also musste ein neues Medium her: Das Schrift-Handwerk wurde erfunden. Diese neue Kulturtechnik diente anfangs nur als eine Art Gedächtnisstütze; aber die Anforderungen an sie wurden immer umfangreicher. Es genügte nicht mehr, Wissen und Fähigkeiten im Alltag nebenher weiterzugeben oder zu erlernen. Das Learning-by-Doing konnte als Methode der Wissensvermittlung genauso wenig genügen, wie die ritualisierten und zeremoniellen Formen der Erziehung, etwa in den Initiationsriten. Um Schriftlichkeit und das Schreibhandwerk systematisch erlernen zu können, musste eine menschheitsgeschichtlich neue pädagogische Institution entwickelt werden: Sie erhielt den Namen Schule.
Mit der Einrichtung von Schulen wurde das Lernen vom Alltagsleben abgetrennt: Man schuf einen gesonderten Ort zum Lernen, den Schulraum, sowie eine gesonderte Zeit, die Schulzeit, die nur dem Lernen gewidmet war. Der Unterricht wurde von der produktiven Arbeit, den Kulthandlungen und dem Alltagsleben abgekoppelt. Indem erste Formen von Schulbuchtexten entstehen - beispielsweise Wörterlisten, Übungstexte, mathematische Aufgabenbeispiele und Prüfungsfragen -, wird auch das Unterweisen stärker vereinheitlicht und damit das Lernen rationalisiert. Schüler werden nun gruppenweise in Schulklassen zusammengefasst. So kann der Unterricht effektiver gestaltet werden als im Famulus-System, wo ein Lehrender einem Lernenden gegenüber stand. Schüler und Lehrer erhalten neue Rollen und festgelegte Bezeichnungen, zum Beispiel "Sohn" beziehungsweise "Vater des Tafelhauses", da im alten Sumer - das alte Südbabylonien - der Unterricht an Tontafeln stattfand. All diese Erfindungen, die wir auch heute noch mit Schule in Verbindung bringen und die sich von der Erziehung in der Familie oder von nichtformaler, außerschulischer Bildung unterscheiden, hatte es in der Menschheitsgeschichte zuvor nicht gegeben. Solche ersten Formen von Schule sind nach heutiger Kenntnis etwa 4100 Jahre alt.
Es ist wahrscheinlich, dass die formale Bildung, wie sie in der Schule vermittelt wurde, in ihren Anfängen hauptsächlich den Interessen der Wirtschaft und Verwaltung gedient hat. Doch auch religiöse und kulturelle Motive spielten eine Rolle. So diente die Schule nicht allein der Vorbereitung auf den Beruf: Da Schrift und Zahl inhaltsneutral sind und so auf alle menschlichen Wissensgebiete angewendet werden können, erhielt die Schule im Laufe der Zeit auch die Aufgabe der Bewahrung, Weitergabe und Interpretation des schriftlich festgehaltenen Wissens. Dies zeigt sich daran, dass das Spektrum der Unterrichtsfächer im Lauf der Zeit immer weiter ausgedehnt wurde - von Bereichen wie Schreiben und Rechnen bis hin zu Astronomie, Naturkunde, Geographie, Literatur, Religion, Musik und anderen mehr.
Jahrtausendelang ging nur ein Bruchteil der Menschheit zur Schule, obwohl sich die Idee der Schule vom Vorderen Orient auf andere Kontinente, beispielsweise ins antike Griechenland und das alte Rom, ausbreitete. In anderen Gesellschaften Asiens, beispielsweise in Indien und China, wurde die Schule möglicherweise selbständig erfunden, ohne das Wissen um schulische Vorläufer in anderen Kulturen und ohne die schulischen Vorbilder aus anderen Kulturen zu übernehmen.
Über Jahrtausende hinweg erhielten insbesondere Mädchen, untere Schichten und die ländliche Bevölkerung nur selten eine schulische Bildung. Noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war auch in Europa der Schulbesuch alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Und weit weniger als heute hatten ländliche Regionen, städtische Unterschichten sowie Mädchen und Frauen Zugang zu schulischer Bildung. Somit wurde die Fähigkeit des Lesens und Schreibens und das schriftlich festgehaltene menschliche Wissen immer nur an einen bestimmten Teil der Bevölkerung weitergegeben.
Gleichzeitig blieb das in diesen Schulen vermittelte Wissen begrenzt und auf einen jeweiligen Zweck zugeschnitten, sei es zur Vorbereitung auf Verwaltungstätigkeiten oder religiöse Ämter, sei es auf die Aufgaben der jeweiligen religiösen, handwerklichen oder bäuerlichen Stände oder auf die Kultur und Lebensstile der herrschenden adeligen Klasse.
An vielen Orten bildeten sich gleichzeitig niedere und höhere Bildungsinstitutionen nebeneinander aus: einfache Dorf-, Winkel-oder Tempelschulen auf der einen Seite, auf höhere Bildung zielende Anstalten mit längerer Ausbildungsdauer sowie die Universitäten auf der anderen Seite.
Dass dies nicht nur in Europa der Fall war, zeigt ein Blick auf die Geschichte islamischer Schulsysteme: Eine Vielzahl einfacher Koranschulen stand hier einer geringen Anzahl weiterführender Bildungsanstalten in Form von Medresen, überregionalen Zentren der Gelehrsamkeit oder Universitäten wie in Timbuktu (Mali) oder Kairo gegenüber.
Als ideengeschichtlicher Vorläufer einer "Bildung für " kann - jedenfalls in Europa - Johann Amos Comenius (1592-1670) gelten. Schon 1628 beschrieb er in seiner berühmten Didactica Magna die Vision, dass man "alle Menschen alles lehren" solle und könne. Comenius gilt deshalb nicht zu Unrecht als Schutzpatron der UNESCO. Von der Idee der Bildung für alle war und ist es aber noch ein weiter Weg bis zur tatsächlichen Verwirklichung. Eine flächendeckende Grundbildung wurde erst mit den Schulpflichtgesetzen eingeführt, die in einigen Ländern ab dem 18. Jahrhundert, in einzelnen Regionen auch schon früher verabschiedet wurden.
Durch die zunehmende Industrialisierung und den wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen den Staaten änderte sich nämlich auch das Selbstverständnis des Staates und damit seine Auffassung zur Funktion der Schule in der Gesellschaft. Die Schulpflichtgesetze sollten die Verbreitung formaler Bildung garantieren, welche wiederum staatstreue und kompetente, wettbewerbsfähige Bürger heranziehen sollte.
Als sich die Demokratie verbreitete - sei es durch Revolutionen oder Reformen -, wurde formale Bildung als Grundlage für die Beteiligung an Entscheidungen immer wichtiger. Die Demokratisierung und Entstehung des modernen Staates ist deshalb ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Bildungswesens. Ihren Höhepunkt fanden diese Veränderungen in Europa im 19. Jahrhundert, das auch schulgeschichtlich einen markanten Wendepunkt darstellt. Zu dieser Zeit entstand ein radikal neues Modell von Schule, wenn auch nicht von heute auf morgen und nicht in allen Ländern gleichzeitig: Ein öffentliches Pflichtschulsystem. Dieses ist geprägt von der Vorstellung einer Allgemeinbildung, die sowohl die Bildung der Allgemeinheit (Schulpflicht) wie auch die Vermittlung allgemeiner (das heißt nicht an berufsständigen oder religiösen Interessen orientierter) Bildung umfasst. Gleichzeitig wurden unverbunden nebeneinander existierende Schulformen zu einem System verknüpft.
Schüler erhielten nun für ihre Leistungen Noten und für Schulabschlüsse einheitliche Zertifikate. Für den Übergang ins Berufsleben oder in andere Bildungseinrichtungen, zum Beispiel Universitäten, war es nun nötig, durch Prüfungen verliehene Berechtigungen zu erwerben. Unterrichtsinhalte wurden vereinheitlicht und um neue Sachgebiete wie Naturkunde und Geschichte erweitert. Die Lehrer erhielten eine geregelte Ausbildung. Das Schulwesen wurde durch staatliche Bildungsabteilungen oder Bildungsministerien in die staatliche Verwaltung und Rechtsordnung eingebunden.
Diese neue Form von Schule setzte sich im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte weltweit immer mehr durch. Verantwortlich für die Entstehung eines solchen Weltmodells Schule waren viele, teils widersprüchliche Prozesse. Die aufkommenden Nationalstaaten nutzten dieses neue System, um ihre Gesellschaften jenseits der ethnischen, sprachlichen und religiösen Unterschiede zu homogenisieren, also auf ein Gemeinsames zu verpflichten. Der Gedanke, dass eine einheitliche Grundbildung unterschiedlichste Menschen zusammenschweißen kann, lässt sich auch im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit ehemals kolonialisierter Ländern finden, wenn beispielsweise vom Beitrag des Bildungswesens zum nation building - dem Aufbau einer Nation - die Rede ist.
Auch der Blick über die jeweiligen Grenzen trug dazu bei, das Schulsystem weltweit zu vereinheitlichen: Man hoffte, im Ausland eventuell ein besseres und leistungsfähigeres Schulsystem zu finden, und sich davon etwas abgucken zu können. Die ins Land geholten ausländischen Ideen und Konzepte dienten dazu, die eigenen Bildungsstrukturen zu verändern. Ein Beispiel hierfür ist die Meiji-Reform in Japan, in der in den 1870er Jahren ein modernes Bildungswesen unter Anleihen bei europäischen und amerikanischen Vorbildern entstand. Obwohl Japan bereits verschiedene Schultypen besaß und ein relativ hohes Alphabetisierungsniveau hatte, holte es zusätzlich eine große Anzahl amerikanischer Bildungsberater für den Aufbau eines neuen, voll ausgebauten Pflichtschulsystems ins Land geholt.
Für die Verbreitung dieser neuen Form von Schule war etwas anderes entscheidend: die Expansion Europas nach übersee., die mit militärischen, politischen, ökonomischen und kulturellen Mitteln betrieben wurde. Gemeint ist hiermit die gewaltsame Eroberung und Beherrschung der Welt sowie ihre Aufteilung zwischen europäischen Kolonialmächten. Die damit verbundene Einrichtung von Missionsschulen und kolonialen Bildungsinstitutionen ist weitgehend dafür verantwortlich, dass die Bildungssysteme so vieler Staaten der Dritten Welt den unseren weitgehend ähneln.
Die Missionierten und Kolonisierten ließen sich jedoch nicht nur passiv in das Schulsystem eingliedern, sondern forderten selbst formale Bildung ein, wenn ihnen diese für die Teilhabe an Wissen, Aufklärung, technischen Neuerungen, politischem Einfluss, für den Gelderwerb und die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen nützlich erschien. Viele Einheimische unterrichteten selbst in den Missions-oder kolonialstaatlichen Schulen. Da die einheimischen Lehrerinnen und Lehrer den europäischen Pädagogen zahlenmäßig immer weit überlegen waren, hätte ohne ihre Mitarbeit der Schulbetrieb kaum funktionieren können. Die Einheimischen empfanden das Bildungssystem also nicht nur als aufgezwungen, sondern akzeptierten es, und machten es zu ihrer eigenen Sache. So haben sich etwa die meisten Befreiungsbewegungen "mehr Bildung" auf ihre Fahnen geschrieben und die kolonial ererbten Bildungssysteme nach der politischen Unabhängigkeit in ihrer Struktur und Funktion weitgehend übernommen.
Erst 1990 schrieb sich die gesamte Weltgemeinschaft "Bildung für alle!" auf ihre Fahnen. Mit der in der thailändischen Stadt Jomtien verabschiedeten Weltbildungscharta Education for All bekräftigten nahezu alle Staaten dieser Welt das bereits in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahre 1948 verankerte Recht auf Bildung als universales Menschenrecht. Sie präzisierten es inhaltlich und verabschiedeten einen Aktionsplan, um die Grundbildung auch tatsächlich durchzusetzen. Diese wird in der Charta als Voraussetzung für lebenslanges Lernen verstanden und in einem umfassenden Sinne definiert. Zur Grundbildung zählen demnach der Erwerb grundlegender Methoden zum Lernen wie Lesen, Schreiben und Rechnen sowie die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten als auch von Werten und Haltungen, die Menschen benötigen, um zu überleben, um ihre Fähigkeiten voll entfalten zu können, um menschenwürdig leben und arbeiten zu können, um sich ohne Einschränkung an der Entwicklung der Gesellschaft beteiligen zu können und schließlich, um auch weiterhin lernen zu können. Die im Jahre 2000 in Dakar versammelte Weltbildungskonferenz hat die Erfolge und Misserfolge der in Jomtien verabschiedeten Charta kritisch bilanziert. Dort wurden neue Ziele zur Verwirklichung der Grundbildung gesetzt, insbesondere die Halbierung der Analphabetenrate weltweit bis zum Jahre 2015.
In welcher Form solche Bildung vermittelt werden sollte, ob etwa in einer öffentlichen oder privaten Elementarschule, in der Erwachsenenbildung oder mittels Alphabetisierungsmaßnahmen, ist gerade mit Blick auf die Entwicklungsländer umstritten und blieb in Dakar offen. Viele Projekte und Initiativen haben bewiesen, dass informelle Wissensvermittlung besonders für Mädchen und Frauen in ländlichen Gebieten und in Armutsvierteln erfolgreicher sein kann als die auf Bücherwissen abzielende Schule. Auch Erwachsene, die keine Chance hatten, eine Schule zu besuchen, könnten so mehr Bildung erwerben. Vor allen Dingen sei eine nicht formale Bildung kostengünstiger und könne daher das Recht auf Bildung schneller verwirklichen als die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht.
Bei all den Vorzügen nicht formeller Bildungsinitiativen, besteht jedoch die Gefahr, dass ein Zweiklassen-Bildungssystem entsteht: Einerseits ein Bildungssystem erster Wahl, das anschlussfähig ist an das oben skizzierte Weltmodell Schule und in das sicherlich die Eliten ihre Kinder schicken, und andererseits ein Bildungssystem, das aus einer Vielzahl - teils unverbunden nebeneinander her arbeitender - nicht formaler Bildungsprogramme besteht, die auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen zugeschnitten sind. Und womöglich können die Menschen dann nicht von dem einen ins andere System wechseln. Zudem könnte die Vergleichbarkeit der Bildungsniveaus zwischen den Systemen darunter leiden.
Eine neuere technische Entwicklung wird von vielen ebenfalls als Herausforderung für das standardisierte Weltmodell Schule betrachtet: Die informationstechnische Neuerung mit Internet und Computer, so heißt es, werde auch die Schule revolutionieren (müssen). Gerade für lebenslanges Lernen sei die neue Informationstechnik wichtig. Richtig ist daran, dass sich mit den informationstechnischen Neuerungen eine weitere Revolution in den drei großen "Technologien des Wortes" - Schrift, Druck, Computer - ereignet hat und dass dies sich vermutlich auch auf die Schule auswirken wird. So wie die Schrift die Schule hervorgebracht hat und die moderne Massenbeschulung nicht ohne die vorherige Erfindung des Buchdrucks denkbar ist, so könnte heute der Computer wiederum eine neue Form von Schule begünstigen. Jedoch werden Digitalisierung und internationale Vernetzung menschlichen Wissens nicht zu einem gänzlich neuen Modell der Schule führen, denn die Schule begünstigt vor allem das soziale Lernen in der Klassen-und Schulgemeinschaft und ermöglicht eine didaktisch angeleitete Auseinandersetzung mit dem Stoff und eine nach pädagogischen Gesichtspunkten erfolgende Auswahl menschlichen Wissens durch das Lehrpersonal. Das Internet hingegen bietet ein Zufallsangebot und nicht eine nach Bedeutung, repräsentativen oder pädagogischen Gesichtspunkten vorgenommene Auswahl menschlichen Wissens und vermittelt keineswegs das gesamte menschliche Wissen.
Auch für die neue "Technologie des Wortes" gilt, dass sie nicht allen Menschen gleichermaßen zu Gute kommt. Je nach Alter, Geschlecht, Ausbildung, sozialer Schicht, Ländern und Kontinenten gibt es erhebliche Unterschiede darin, wer auf das gespeicherte Wissen zugreifen kann. Überdies muss der kritische Umgang mit diesem neuen Medium gelernt werden. Und genau diese produktive Aneignung der neuen Technologie ist eine Aufgabe des Bildungserwerbs in der Schule, nicht aber deren Alternative. Neben den alten Kulturtechniken des Lesens, Schreibens und Rechnens, die die Anfänge der Schule gebildet haben, muss heute auch der Umgang mit dieser neuen Kulturtechnik gelehrt werden - auch in den Entwicklungsländern. Nur so wird Grundbildung vermittelt und damit die Basis für ein lebenslanges Lernen gelegt.
Literatur
Christel Adick: Die Universalisierung der modernen Schule. Eine theoretische Problemskizze zur Erklärung der weltweiten Verbreitung der modernen Schule in den letzten 200 Jahren mit Fallstudien aus Westafrika. Paderborn 1992
Christel Adick: Forschung zur Universalisierung von Schule. In: W. Helsper und J. Böhme (Hrsg.): Handbuch der Schulforschung. Opladen 2003 (im Druck)
Carlo M. Cipolla: Literacy and Development in the West. London 1969
Heribert Hinzen und J. Müller (Hrsg.): Bildung für alle - lebenslang und lebenswichtig. Institut für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, Bonn 2001
Volker Lenhart: "Bildung für alle". Zur Bildungskrise in der Dritten Welt. Darmstadt 1993
J.A. Mangan: A Significant Social Revolution. Cross-Cultural Aspects of the Evolution of Compulsory Education. London 1994
Walter J. Ong: Oralität und Literalität. Die Technologisierung des Wortes. Opladen 1987
aus: der überblick 04/2002, Seite 34
AUTOR(EN):
Christel Adick:
Christel Adick ist Professorin für Vergleichende Erziehungswissenschaft am Institut für Pädagogik der Ruhr-Universität Bochum mit dem Schwerpunkt Bildungswesen in Entwicklungsländern. Sie ist Co-Autorin (gemeinsam mit Wolfgang Mehnert, unter der Mitarbeit von Thea Christiani) des historischen Quellenwerks "Deutsche Missions- und Kolonialpädagogik in Dokumenten. Eine kommentierte Quellensammlung aus den Afrikabeständen deutschsprachiger Archive 1884-1914", Frankfurt 2001.