Für friedliche Entwicklung sorgen
Ein neues Instrument der Entwicklungspolitik hat die Bundesregierung 1999 ins Leben gerufen: Den Zivilen Friedensdienst (ZFD). Fachkräfte unterstützen in Gebieten, die von Gewaltausbrüchen gezeichnet oder bedroht sind, Friedens- oder Menschenrechtsgruppen; sie verbreiten Kenntnisse in gewaltfreier Konfliktbearbeitung oder helfen bei der Bewältigung von Kriegsfolgen.
von Bernd Ludermann
Die Gründung des ZFD geht auf Vorschläge aus Friedensgruppen und Entwicklungswerken zurück; gerade kirchliche Werke hatten Friedensförderung bereits zum Teil ihrer Projektarbeit gemacht. Dahinter steht ein Umdenkprozess in der Entwicklungspolitik. Die war während des Kalten Krieges den Problemen von Krieg und politischer Gewalt meist ausgewichen. Bürgerkriege waren zwar auch damals eine der wichtigsten Ursachen von Hunger und Elend. Aber die Außenpolitik der weltpolitischen Lager war in erster Linie darauf gerichtet, diese Kriege für die Verbesserung der eigenen Position zu nutzen, ohne aber zu riskieren, dass sie zu einem Krieg zwischen West- und Ostblock führten. Die Stabilität von Staaten war daher vordringlich und Hilfe für "befreundete Tyrannen" üblich.
Erst seit 1989 wurde die Beilegung von Bürgerkriegen im Süden und in Südosteuropa zum Ziel der "Staatengemeinschaft". Der Entwicklungspolitik sind damit neue Aufgaben bei der Stützung von Friedensprozessen zugewachsen. Gleichzeitig erhielt sie neue Spielräume: Befreit von der Zwangsjacke des Kalten Krieges, konnte sie Fragen der Innenpolitik des Partnerlandes direkter angehen. Auch wurde nun offen diskutiert, dass Entwicklungsprojekte unvermeidlich politische Nebenwirkungen haben und sich auf Spannungen zwischen einzelnen Gruppen im Partnerland auswirken. Das alles hat die Entwicklungspolitik konfliktbewusster gemacht - zumindest in der Theorie.
Die Gründung des ZFD nutzt diese Gelegenheit. Das könnte dazu beitragen, dass die Entwicklungspolitik auch in der Praxis Konfliktanalysen stärker einbezieht - auch wenn es daran selbst im ZFD zuweilen fehlt. Als Gemeinschaftsunternehmen von Entwicklungsministerium und nichtstaatlichen Werken hat der ZFD zudem die Debatte zwischen beiden über die Friedensförderung erleichtert. Aber man darf vom ZFD nicht zu viel erwarten. Er ist weder geeignet, in heiße Kriege einzugreifen, noch kann er Menschen ins Gespräch bringen, die dazu nicht bereit sind. Er kann nur Initiativen in einer von Gewalt betroffenen Gesellschaft selbst stärken.
Nicht nur die Wirkung des ZFD ist jedoch begrenzt, sondern auch die der Entwicklungspolitik als Ganzer - besonders wenn die Handels- und Außenpolitik anderen Prioritäten folgen. Und auf deren Prioritätenliste rückt nach den Terroranschlägen vom September 2001 die Stabilisierung schwacher Staaten wieder nach oben. Amnesty International beklagt, dass sich seitdem das Gewicht der Menschenrechte in der internationalen Politik verringert hat - ungeachtet der angeblichen Kreuzzüge für die Demokratie. Droht sich das Fenster der Gelegenheit für eine am Frieden orientierte Entwicklungspolitik wieder zu schließen?
aus: der überblick 02/2003, Seite 107
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann :
Bernd Ludermann war viele Jahre Redakteur beim "überblick". Er arbeitet jetzt als freier Journalist in Hamburg und betreut unter anderem als Redakteur die Forum-Seiten im "überblick".