Von Mitteln, die etwas weißmachen
Asiatische Frauen und Männer bevorzugen im allgemeinen einen hellen Hautton, und sie sind auch bereit, dafür zu bezahlen. Sie kaufen Kosmetikprodukte, die den Teint und dunkle Flecken blasser machen sollen. Während die Menschen im Westen also Geld dafür ausgeben, ihre Haut zu bräunen, cremen sich viele Asiatinnen und Asiaten dick mit Lotionen ein, um ihre Hautfarbe aufzuhellen. Denn in Asien herrscht ein anderes Konzept von Schönheit, das da lautet: Weiß ist schön.
von Stephanie Wong
Studien des Marktforschungsunternehmens Synovate besagen, dass der Verkauf von Hautaufhellern in der asiatischen Region steigt. Schönheitsbewusste Menschen dort versuchen alles, um die dunkle Pigmentierung ihrer Haut zu verändern, die sie als unattraktiv empfinden. Fast die Hälfte aller Frauen in Hong Kong, die im Jahr 2003 von dem Unternehmen befragt wurden, hatten Bleichprodukte gekauft. Damit ist ihre Zahl gestiegen, denn im Jahr 2002 griffen erst 38 Prozent zu solchen Mitteln. Auch in Indonesien, Malaysia und Taiwan gaben mehr als ein Drittel der interviewten Frauen Geld für Aufhellungscremes aus.
Nach Aussagen des japanischen Kosmetikgiganten Shiseido stieg der Absatz von Hautaufhellern in den Jahren 1997 bis 2003 in Asien um 20 Prozent. Der Anteil dieser Produkte an den Gesamtverkäufen der Branche in der Region betrug 23 Prozent. In Thailand macht der Bereich der hautbleichenden Lotionen mehr als 60 Prozent der 100 Millionen US-Dollar aus, die das Land jährlich auf dem Markt für Gesichtspflegeprodukte umsetzt. Und im modebewussten Hong Kong bringen Feuchtigkeitscremes es auf 60 bis 70 Prozent des Zig-Millionen-Dollar-Sektors der Hautpflegeserien, 40 Prozent davon sind Bleichcremes.
Die Vorliebe asiatischer Frauen für helle Hauttöne kommt daher, dass die Mehrheit der asiatischen Männer einen blasseren Teint ansprechender findet, wie die marktforscher Synovate herausfanden. Auch die befragten Frauen teilten diese Ansicht. Bei einer anderen Studie in Indonesien kam heraus, dass 69 Prozent der Männer und 65 Prozent der Frauen eine helle Gesichtsfarbe beim anderen Geschlecht vorziehen. Auch in Malaysia herrscht dieser Geschmack vor. Dort sind es mehr als 74 Prozent der Männer und über die Hälfte der Frauen, denen eine dunklere Haut weniger gefällt.
Einen blasseren Teint mit Schönheit zu assoziieren ist in vielen Teilen Asiens tief in den kulturellen Vorstellungen verwurzelt. Diese hohe Wertschätzung, die die Farbe weiß symbolisiert, kommt auch in der Sprache zu Tage. Wie die Chinesen zu sagen pflegen: “Eine weiße Sache macht drei schlechte wieder gut.” Bernice Tse, Produktmanagerin für Gesichtspflegeprodukte des Kosmetikkonzerns L´Oréal Paris in Hong Kong erklärte: “Die Definition von Schönheit in Asien unterscheidet sich auf jeden Fall sehr von der in westlichen Ländern. Asiatische Frauen mögen keine Sommersprossen. Heutzutage wollen sie aber nicht nur keine Sommersprossen mehr haben, sondern auch nicht mehr ihre ‘gelbe’ Hautfarbe im Gesicht. Im Kern steckt das Konzept vom ‘Weiß-sein’ dahinter.”
In welchem Ausmaß sich das Aufhellen der Haut wachsender Beliebtheit erfreut, zeigt sich für Bernice Tse deutlich anhand der großen Produktpalette auf diesem Markt, der im Jahr 2000 zu boomen begann. All diese Mittel versprechen, Pigmente zu beseitigen, die Haut zu bleichen oder den Teint und dunkle Flecken aufhellen zu können. Unter den Herstellern sind internationale Konzerne vertreten, die in ihren Serien derartige Produkte anbieten: Bei Oil of Olaz von Procter & Gamble gibt es White Radiance Purifying Cloths, L’Oréal hat in der Serie White Perfect Triple Whitening Body Moisturiser auf dem Markt und die Firma Pond’s, die zum Unilever-Konzern gehört, verkauft Double White Eye Stick. Nivea von Beiersdorf vertreibt Whitening Toner und zur Serie Neutrogena des US-amerikanischen Unternehmens Johnson & Johnson gehört das Produkt Fine Fairness Essence. Am Ende des Jahres 2002 fanden in Indonesien Hautaufheller auch ihren Weg in Deoroller.
Aber sind diese Produkte unschädlich? Doktor Michael Chan vom Prince of Wales Hospital in Hong Kong zufolge gehen bei skrupellosen Verkäufern Produkte mit einem gefährlich hohen Quecksilberanteil über die Ladentheke. Im Jahr 2002 musste in Hong Kong eine Frau in einem Krankenhaus behandelt werden, und 13 weitere Frauen suchten einen Spezialisten auf. Sie alle hatten zuvor eine der zwei Bleichcremes benutzt, deren Quecksilbergehalt zwischen 9000 und 65.000 mal höher ist als die empfohlenen Richtwerte.
In einer Versuchsreihe aus dem Jahre 2000 von Christopher Lam Wia-kei, Professor für chemische Pathologie an der Hong KongNs Chinese University, wurden 38 Hautaufhellungcremes untersucht. Dabei zeigte sich, dass acht von internationalen Kosmetik-Herstellern produzierte Mittel die Sicherheitsrichtlinien der US-amerikanischen Kontrollbehörde Food and Drug Administration für Quecksilber überschritten.
“Überhöhte Quecksilber-Werte sind sehr schädlich für das Nervensystem und die Nieren”, sagte Chan. Bei hohen Dosen des giftigen Elementes sehen die Wissenschaftler einen Zusammenhang mit dem Verlust der Seh- und Hörfähigkeit sowie mit Händezittern und sogar mit Veränderungen der Persönlichkeit. Außerdem können Angstzustände, Schlaflosigkeit und Gedächtnisverlust auftreten, ebenso wie Bewegungsstörungen, die durch Schädigungen des Gehirns ausgelöst werden. Auch eventuell tödliches Nierenversagen kann eine Folge von Quecksilberbelastung sein.
Aber seit Bekanntwerden der Krankheitsfälle im Jahr 2002, meint Chan, ist sich die Öffentlichkeit in Hong Kong der gesundheitlichen Gefahren, die durch Hautbleichen entstehen können, stärker bewusst. Beruhigende Nachrichten für jene, die in der Metropole an der südchinesischen Küste auch in Zukunft nach einem hellen Teint streben, kommen von der Verbraucherzentrale. Alle 32 Hautaufheller, die sie im Jahr 2002 gemäß der Gesundheitsrichtlinien für Quecksilber und Blei untersucht hat, bestanden den Test.
aus: der überblick 04/2004, Seite 56
AUTOR(EN):
Stephanie Wong:
Stephanie Wong hat diesen Artikel für "Agence France-Presse Hong Kong" geschrieben. Er erschien in der "Taipei Times" vom 25. März 2004.