Profil, Prioritäten und Partizipation
In einer hart gewordenen Zeit wächst der Hunger nach Gerechtigkeit. Diese Botschaft von Bischof Christian Krause in seiner Predigt im Neujahrsgottesdienst in Bonn könnte zum Leitwort für die Arbeit des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) werden.
von Frank Kürschner-Pelkmann
Der ökumenische Gottesdienst wurde bewusst als geistliche Wegweisung an den Anfang der Arbeit des EED gestellt. Das neue Werk hat am 1. Januar nach mehrjährigen Planungen und Vorbereitungen seine Arbeit aufgenommen, und dieses erste Jahr wird wichtig sein und darüber entscheiden, ob der EED zu einem wegweisenden Akteur des Entwicklungsengagements der evangelischen Kirchen oder aber zu einer Einrichtung wird, die sich darauf beschränkt, Projekte zu fördern und deren Durchführung zu prüfen.
Der Wille, den ersten Weg zu gehen, ist unter denen, die den EED tragen und für ihn arbeiten, stark. Es geht, so Heiner Knauss, in der Vorgängerorganisation EZE Leiter des Südost- und Ostasienreferates, darum, "das Ausmaß der globalen Probleme wirklich zu erkennen und im kirchlichen Handeln darauf eine Antwort zu suchen. Die Kirche kann es sich nicht leisten, nur in ihren eigenen Bezügen zu leben und zu handeln. Sie und ihre Werke müssen die schreienden Probleme der Welt benennen und sich an der Suche nach Lösungen beteiligen. Die Aufgabe an uns alle lautet: Lasst uns an den wirklichen Problemen arbeiten - und weniger um uns selbst kreisen."
Projekte zu fördern ist in diesem Rahmen eine wesentliche und gewichtige Aufgabe. Mit einem Fördervolumen von über 220 Millionen DM und etwa 180 Beschäftigten gehört der EED zu den weltweit größten Werken der kirchlichen Entwicklungsförderung. Entstanden ist er aus dem Zusammenschluss der bisher selbstständigen kirchlichen Organisationen Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe (EZE, Bonn) und Dienste in Übersee (DÜ, Stuttgart), dem Kirchlicher Entwicklungsdienst (KED, bisher Teil des Kirchenamtes der EKD in Hannover), Arbeitsbereichen des Ökumenisch-Missionarischen Weltdienstes (ÖMW, bisher Teil des Evangelischen Missionswerkes in Deutschland in Hamburg) sowie mehrerer kleinerer Arbeitsstäbe wie des Sekretariats des Ausschusses für entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik und die Planungs- und Grundsatzabteilung der mittlerweile aufgelösten Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst. Die gemeinsame Dienststelle des neuen Werkes befindet sich in Bonn.
Getragen wird der EED von 25 Landes- und Freikirchen, der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, dem Evangelischen Missionswerk in Deutschland und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Jedes Mitglied hat eine Stimme in der Mitgliederversammlung, die in der Regel einmal jährlich tagt. Dem Aufsichtsrat gehören 16 Personen an. Vorsitzender des Aufsichtsrates ist der Braunschweiger Bischof Dr. Christian Krause. Sieben Mitglieder des Aufsichtsrates bilden den Bewilligungsausschuss des EED, der die Entscheidungen über die Förderung von Programmen und Projekten sowohl in Übersee als auch in Deutschland trifft. Ihm werden zwei Beiräte für den Inlands- und Auslandsbereich zugeordnet.
Das neue Werk wird fünf hauptamtliche Vorstandsmitglieder haben, von den vier bereits ihre Tätigkeit aufgenommen haben: Dr. Konrad von Bonin (Vorsitzender), Dr. Hartmut Bauer, Christoph Dehn und Wilfried Steen. Das fünfte Vorstandsmitglied, gesucht wird eine Frau, soll in Kürze berufen werden. Außer dem Vorsitzenden des Vorstandes wird jedes Vorstandsmitglied für ein Ressort verantwortlich sein (siehe Schaubild). Dem Vorstandsvorsitzenden sind die Evangelische Geschäftsstelle der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), die Redaktion der Zeitschrift der überblick und der EED-Pressesprecher zugeordnet.
Im Ressort Programm I werden die Arbeitsbereiche zusammengefasst, die sich mit der finanziellen Förderung von Projekten und Programmen von Partnern im Ausland und der Vermittlung von Fachkräften in einzelne Programme befassen. Für den asiatischen und afrikanischen Raum gibt es jeweils zwei Referate, für Lateinamerika ein Referat. Hinzu kommt ein Referat für weltweite Programme sowie Programme in Südosteuropa und Kaukasien. In jedem der Referate werden die Förderinstrumente Finanzen, Personal und Beratung vereint. Damit wird eine Integration der bisher getrennten überseebezogenen Arbeitsbereiche von DÜ, EZE und ÖMW erreicht. (In Zukunft soll auch das Ökumenische Studienwerk ÖSW in Bochum in den EED integriert werden.) Die organisatorische und räumliche Zusammenlegung soll einen wesentlichen Teil der Synergieeffekte erbringen, die man mit der Gründung des EED erreichen wollte. Die Qualität der Projektförderung und -begleitung in den Vorgängerorganisationen wird auch im neuen Werk fortgeführt und bildet ein solides Fundament für die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit den Partnern in Übersee.
Da in der Frage einer Integration von Brot für die Welt in das neue Werk bisher kein Einvernehmen erzielt werden konnte, soll eine enge Abstimmung der Förderkonzepte und -praxis erfolgen, eine entsprechende Vereinbarung wurde vorbereitet. Im Ressort Programm I wird etwa die Hälfte aller EED-Beschäftigten tätig sein.
Im Ressort Programm II werden zwei Referate zusammengefasst. Das Referat Fachkräfte wird für die Anwerbung, Auswahl, Vorbereitung und vertragliche Absicherung der Fachkräfte verantwortlich sein, die nach Übersee vermittelt werden. Hier wird also ein wesentlicher Teil der nicht direkt auf einzelne Regionen und Programmpartner bezogenen Arbeit von Dienste in Übersee fortgeführt.
Das Referat für Programmqualifizierung und Qualitätssicherung soll die Ansätze in Bereichen wie Controlling und Evaluierung weiterentwickeln und in ein Gesamtkonzept einfügen. Christoph Dehn, der das Ressort leitet, hat das Ziel, im EED ein "Qualitätsmanagement" einzuführen. Dabei geht es ihm nicht zuletzt um eine "strategische Integration der Förderinstrumente des EED", also vor allem der Projektförderung und der Vermittlung von Fachkräften. Die Orientierung an gemeinsamen Zielen und die Wahl von differenzierten Instrumenten zu deren Umsetzung können eine andere Qualität im Dialog und in der praktischen Zusammenarbeit mit den Partnern ermöglichen. Der EED mit seinem breiten Spektrum von Förderinstrumenten hat hier besondere Möglichkeiten. Nach der Durchführung von Projekten und Programmen muss im Rahmen des Controlling geprüft werden, ob die Ziele auch erreicht worden sind. Dies ist für die Fortführung von Förderungen, aber auch für die Zukunftssicherung des EED selbst von großer Bedeutung.
Auf diesem Weg des Projektmanagements gibt es zwei Hindernisse. Zum einen sind für dieses Aufgabenfeld nur etwa zwei bis drei Stellen vorgesehen, und damit lässt sich erst einmal nur ein Konzept für das Qualitätsmanagement erarbeiten. Außerdem wird es wichtig sein, im Hause selbst die Akzeptanz für diesen neuen Ansatz zu erhöhen. Vor allem gilt es, Befürchtungen in den überseebezogenen Referaten entgegenzutreten, mit dem neuen Konzept komme weitere Arbeit auf sie zu.
Im Ressort Programm II sind je eine halbe Stelle für Evaluierungen und für Genderfragen angesiedelt, deren Erfahrungen sollen in die Erarbeitung eines Konzepts für das Qualitätsmanagement einbezogen werden sollen. Für die Schaffung einer Referentinnenstelle für Genderfragen haben sich Frauen und Männer im EED eingesetzt und im Gründungsprozess in einer "Integrationsgruppe Gender" dafür plädiert, die Arbeit des früheren Frauenreferats der Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst nicht einfach auslaufen zu lassen. Frauenreferat und "Arbeitskreis Frauenförderung" gelang es in den zurückliegenden Jahren, die Sensibilität in Genderfragen sowohl in den Stäben der Werke als auch bei den Partnern in Übersee deutlich zu erhöhen, manchmal gar, überhaupt erst ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Frauen und Männer in unterschiedlicher Weise an den Entscheidungen über Projekte beteiligt sind und von ihnen profitieren oder aber sogar Nachteile erleiden.
Es ist erfreulich, dass diese Arbeit im EED zumindest mit einer halben Stelle fortgeführt wird. Die Genderperspektiven in der praktischen Arbeit des EED zur Geltung zu bringen, ist aber noch ein längerer Prozess, so die Einschätzung von Edda Kirleis, die sich im EED für diesen Arbeitsbereich engagiert: "Von allen Beteiligten, insbesondere auch vom Management, wird die Bedeutung der Verankerung der Genderperspektive mündlich immer wieder betont und ihr insbesondere im programmatischen Bereich eine hohe Bedeutung zugemessen (,Teil des Auftrages des EED'). Es mangelt aber auf der Führungsebene an Engagement, um diesen Auftrag wirklich umzusetzen, insbesondere, sobald dafür Ressourcen benötigt werden wie Arbeitszeit, Stellen und Haushaltsmittel." Die Beschäftigung mit Genderfragen kann nicht vor der eigenen Haustür aufhören, und deshalb werden in Kürze Verhandlungen über eine Vereinbarung zur Gleichstellung der Geschlechter in der EED-Dienststelle beginnen.
Im Ressort Programm III "Entwicklungspolitik und Programme im Inland" soll durch die Bündelung bisher getrennt arbeitender Referate und Arbeitszweige eine noch wirksamere Bildungs- und Advocacy-Arbeit geleistet werden. Das Ressort ist in drei Referate aufgeteilt: Öffentlichkeitsarbeit/Publizistik, Bildung und Förderung sowie Entwicklungspolitischer Dialog.
Ein wichtiges Anliegen wird es sein, den EED in der Öffentlichkeit bekannter zu machen, vor allem in der kirchlichen Öffentlichkeit. Nicht zuletzt geht es darum, die Mitglieder der Synoden der EKD, der Landeskirchen und der Freikirchen über den EED und seine Arbeit zu informieren und davon zu überzeugen, das Engagement für die Gemeinschaftsaufgabe Kirchlicher Entwicklungsdienst in gleichem oder höherem Maße fortzuführen. Die Ausgangslage ist günstig, denn in jüngster Zeit stiegen die Einzahlungen in den zentralen KED-Fonds wieder leicht an. Der EED hat ein Faltblatt und ein Plakat produziert und war zum Beispiel bei der EKD-Synode im November letzten Jahres mit einem eigenen Stand vertreten. Auch mit seinen Jahresberichten erreicht der EED Entscheidungsträger in den Mitgliedskirchen.
Der EED soll sich nicht nur selbst bekannt machen. In einem Konzeptpapier des Aufsichtsrates vom November 2000 sind die Ziele so formuliert: "Vom EED wird erwartet, dass er dazu beiträgt, dass die Zahl der Menschen in Kirchen und Gemeinden wächst, die Weltverantwortung wahrnehmen und dass Mitgliedskirchen sich auch durch den EED als Teil der weltweiten Kirche verstehen."
Eine breitere Öffentlichkeit wird das neue Werk wohl vor allem dadurch wahrnehmen, dass es zu strittigen Fragen der Nord-Süd-Beziehungen Stellung bezieht oder die Ergebnisse von Studien und Seminaren zur Diskussion stellt. Dabei wird es auch um einen originären Beitrag dazu gehen müssen, was heute Entwicklung bedeutet und wie das Ziel der Gerechtigkeit in konkretes Handeln umgesetzt werden kann.
In das Ressort wurden eine ganze Reihe von Programmen und Fachreferaten einbezogen, die bereits viel Anerkennung für ein solches Engagement gefunden haben. Der bisherige Ausschuss für entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik und sein Sekretariat bringen langjährige und intensive Verbindungen zu zahllosen Gruppen und Initiativen im Eine-Welt-Bereich in den EED ein. Es ist ein Vertrauensverhältnis entstanden, das die Grundlage für eine enge Zusammenarbeit bei Kampagnen, für den Erfahrungsaustausch und für den Dialog über Fragen der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit bildet. Wichtig sind gerade die Verbindungen zu vielen Gruppen außerhalb der Kirchen, die durch diese Zusammenarbeit ein anderes Verständnis vom kirchlichen Entwicklungsengagement gewonnen haben.
Im Rahmen des entwicklungspolitischen Engagements der Kirchen im eigenen Lande sind Fachstellen und Projektstellen entstanden, die kontinuierlich an einem Thema arbeiten, den Dialog mit Partnern in der weltweiten Ökumene intensivieren und öffentlichkeitswirksame Initiativen starten. Gegenwärtig gibt es sechs Fachstellen, die einschließlich der Personalstellen in den EED integriert sind (aber nicht alle in Bonn angesiedelt sein werden):
Daneben gibt es eine Reihe von Projektstellen, die in Zusammenarbeit mit verschiedenen kirchlichen Fachorganisationen entstanden sind und für drei bis fünf Jahre gefördert werden, zum Beispiel zu den Themenbereichen Kultur, Gesundheit und Pädagogik. Durch die Befristung dieser Projekte soll die Möglichkeit erhalten bleiben, auf neue Problemstellungen zu reagieren. Barbara Riek, bisher Geschäftsführerin des ABP und in Zukunft für den EED tätig, hat die Erfahrung gemacht, dass dies "ein sehr attraktives Instrument" der entwicklungsbezogenen Bildungsarbeit ist, räumt aber ein, dass die Flexibilität zur Folge hat, dass den Beschäftigten nur befristete Verträge angeboten werden können.
Neben den Fach- und Projektstellen sind auch die Inlandsverträge und das Programm "Ökumenische Dienste in Deutschland", die bisher von DÜ verantwortet wurden, in den EED übernommen worden und damit ein großes Potential an engagierten Menschen und Fachkompetenz. Fachkräfte, die von DÜ (und jetzt vom EED) nach Übersee vermittelt wurden, haben nach der Rückkehr die Möglichkeit, mit Inlandsverträgen für eine begrenzte Zeit in einem Programm der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit oder der Flüchtlings- und Ausländerarbeit in Deutschland mitzuarbeiten und so ihre Erfahrungen an unsere Gesellschaft weiterzugeben. Im Rahmen des Programms "Ökumenische Dienste in Deutschland" werden Fachkräfte aus der Ökumene eingeladen, in einem Bildungsprogramm in Deutschland mitzuarbeiten. Zu erwähnen ist schließlich das EED-Engagement in der Bildungsstätte Haus am Schüberg in der Nähe von Hamburg.
In der Verknüpfung all dieser Programme sieht Barbara Riek einen der großen Vorteile der Bildung des EED, aber sie fragt, wie diese Möglichkeiten von einem personell kleinen Ressort genutzt werden können. Auch Wilfried Steen, der als Vorstandsmitglied das Ressort leitet, sieht das Problem, dass große Erwartungen an die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit des EED bestehen, die personelle Ausstattung aber ausgesprochen knapp ist. Von den etwa 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ressorts sind viele in den Fachstellen und im Bereich der Förderung und Beratung von Inlandsprogrammen und -projekten tätig, sodass für die inhaltliche Zusammenarbeit mit den vielen Programmen, mit denen der EED im Inland in Verbindung steht, wenig, viele fürchten zu wenig Kapazität vorhanden ist.
Es geht in diesem Arbeitsbereich auch um die zeitintensive Aufgabe, die Arbeitsbeziehungen zu den Kirchen, die den EED tragen, und dort zum Beispiel auch zu den KED-Beauftragten, fortzuführen und zu intensivieren, um gemeinsam mit ihnen an Themen zu arbeiten. Daraus können dann zum Beispiel gemeinsame Kampagnen werden. Wilfried Steen fasst die Aufgaben so zusammen: "Das Ressort III hat den Auftrag, Beiträge aus Kirche und Gesellschaft in Deutschland und Europa zum Oberziel Armutsbekämpfung weltweit zu formulieren. Darüber hinaus hat der Inlandsbereich die Aufgabe, die Akzeptanz der Arbeit des EED in Kirche und Politik zu stärken."
Wenn es dem EED in seiner Inlandsarbeit gelingt, die Kenntnisse und das Engagement der Beteiligten zu bündeln, besteht die Chance, in der Öffentlichkeit, im Fachdialog und in politischen Debatten zu entwicklungspolitischen Fragen beachtet zu werden und im Interesse der überseeischen Partner Einfluss auszuüben. Dies kann, wenn die bestehenden Strukturen fortbestehen, nur in enger Abstimmung mit Brot für die Welt geschehen. Aber auch beide zusammen werden nur eine sehr begrenzte Zahl von Themen kompetent bearbeiten und ihre Position in der Öffentlichkeit einbringen können. Eine große Gefahr für den EED besteht darin, alle bisher behandelten Themen der zusammengeschlossenen Arbeitsbereiche fortzuführen und zusätzlich noch einige aktuelle Themen aufzunehmen. Damit wäre ein Scheitern der thematischen Arbeit geradezu garantiert.
Gerade wegen des Problems der unzureichenden personellen Ausstattung wird sich für das Ressort III die Aufgabe stellen, ein gemeinsames Konzept zu entwickeln und Prioritäten zu setzen. Im Vorbereitungsprozess für die Gründung des EED sind bereits eine Reihe von Vorstellungen entwickelt worden. Bei einer Konsultation in der Missionsakademie in Hamburg im letzten Dezember zum Thema "Die Hoffnung heißt Leben" standen die theologischen Grundlagen des Entwicklungsengagements der Kirchen zur Diskussion. Es wurde deutlich, wie klärungsbedürftig der Begriff Entwicklung weiterhin ist und wie schwierig das Verhältnis von Entwicklungsengagement, Mission und Ökumene theologisch zu fassen und im praktischen kirchlichen Handeln zu gestalten ist. Die Tagung machte zudem deutlich, dass das theologische Nachdenken dazu beitragen kann, dem EED Richtung und Profil zu geben. Deshalb wird die theologische Arbeit fortgeführt.
Von Ende Januar an besuchten drei Fachfrauen für die Themenbereiche Gender, Gewalt gegen Frauen sowie Frauen und Rassismus auf Einladung des EED zwei Wochen lang die Bundesrepublik, um an Veranstaltungen zur Vorbereitung der Ökumenischen Dekade "Gewalt überwinden" mitzuwirken. Sie nahmen unter anderem an einem gemeinsamen Seminar mit kirchlichen Einrichtungen in Westfalen über die alltägliche Gewalt teil, unter der Fremde, vor allem aber Frauen leiden.
Weitere Tagungen sind in Vorbereitung. So wird der EED Ende März an der Durchführung einer internationalen Konferenz zu Landfragen in Bonn beteiligt sein, zu der Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen und Nichtregierungsorganisationen aus verschiedenen Teilen der Welt eingeladen sind, darunter eine Reihe von EED-Partnern. Im Mai plant das neue Werk eine ökumenische Konsultation, bei der 25 Vertreterinnen und Vertreter von Partnerorganisationen an der Diskussion über die zukünftige inhaltliche Ausrichtung des EED beteiligt sein werden.
All diese Programme und Projekte des EED stellen hohe Anforderungen an die Administration des Hauses. Das Ressort IV des EED, das von Dr. Hartmut Bauer geleitet wird, hat die Schwerpunkte Finanzen und Zentrale Dienste. Hier geht es unter anderem um Haushaltsplanung und -kontrolle, Personalentwicklung, EDV, Organisation sowie das Personal- und Sozialwesen. Durch die Integration der Verwaltungsabteilungen von EZE und DÜ werden Kosteneinsparungen möglich. Dies ist ein Arbeitsbereich, der von der inneren Struktur und der Personalplanung her nach meinem Eindruck schon weit vorangekommen ist.
Wenn der EED im Sommer in seine neuen Büros am Hardtberg in Bonn ziehen wird, geht eine Zeit des Übergangs zu Ende. Für zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der bisherigen Einrichtungen in Stuttgart und Hamburg geht allerdings auch eine interessante Tätigkeit im Rahmen der kirchlichen Entwicklungsarbeit zu Ende. Aus familiären und anderen persönlichen Gründen können sie nicht nach Bonn umziehen. Die Leitung des EED und die Mitarbeitervertretungen der bisher selbstständigen Werke haben einen Sozialplan vereinbart, der nach Einschätzung vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter günstig ist. Die Situation der Beschäftigten mit befristeten Verträgen ist allerdings schwieriger.
Sorge bereitet, dass nicht nur Arbeitsverträge beendet werden, sondern damit auch die Erfahrungen und das Engagement von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verloren gehen, die über Jahre zum Profil und zum hohen Standard des kirchlichen Entwicklungsengagements beigetragen haben. Die Befürworter der Konzentration der meisten Arbeitsbereiche des neuen Werkes in Bonn erwarten, dass sie auf die Dauer mehr Vorteile bringen wird als der jetzige Verlust an Erfahrungen.
Viel wird davon abhängen, dass es gelingt, den hohen Grad von Arbeitsmotivation und Engagement, der die Arbeit der bisher selbstständigen Werke geprägt hat, auf den EED zu übertragen. Auch eher skeptische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EED sagten in Gesprächen, dass das Werk letztlich nicht zuletzt deshalb erfolgreich sein wird, weil es so viele engagierte Beschäftigte hat. Der EED-Vorstandsvorsitzende von Bonin hat bereits im letzten Jahresbericht geschrieben: "Ich bin trotz aller Belastungen zuversichtlich, dass das Zusammenwachsen gelingt. Gut wäre es, wenn dabei der Geist der Solidarität, der unsere Arbeit trägt, auch im eigenen Haus Stil, Ton und Handeln untereinander bestimmen könnte."
Auch Kirsten Gade, die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung des EED, strahlt bei allen Vorbehalten gegenüber dem Übergangsprozess der Gründung des Werkes diese Hoffnung und Erwartung aus. Zur Gründungsphase äußert sie für die Mitarbeitervertretung: "Der Prozess hin zum EED ist aus unserer Sicht wenig geordnet verlaufen. Die größte nach wie vor unbehobene Schwäche sehen wir in widersprüchlich oder bislang nicht entschiedenen kirchenpolitischen Streitfragen. So entsteht der Eindruck von nicht genügend professioneller Vorbereitung und Mangel an Transparenz, die zu Unsicherheit bei den Mitarbeitenden führt." Sie schließt daran eine ganze Reihe von konstruktiven Vorschlägen an, wie diese Probleme gelöst werden können, unter anderem eine rasche Klärung der Stellenzuordnung in den Ressorts, ein transparentes Stellenbesetzungsverfahren und eine schnelle Klärung und Vereinfachung der Ablauforganisation.
Der gute Wille vieler wird den EED über die Übergangsprobleme hinwegbringen, so lässt sich jetzt absehen. Und das ist gut so: für die Partner in Übersee, für ein glaubwürdiges Entwicklungsengagement der evangelischen Kirchen in Deutschland und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des neuen Werkes. Je stärker sich der EED darauf konzentrieren kann, sich für die Lösung drängender Probleme einzelner Partnerorganisationen und für eine Veränderung der globalen Rahmenbedingungen zu engagieren, desto besser für alle Beteiligten.
Dies setzt voraus, dass die noch offenen Fragen in der internen Zusammenarbeit möglichst rasch geklärt werden und dass die Frage einer Einbeziehung von Brot für die Welt in das neue Werk oder eine Kooperation zwischen zwei selbstständigen Werken endlich entschieden wird, nachdem die Zusammenarbeit zwischen EED und Evangelischem Missionswerk inzwischen weitgehend geregelt ist. Der Hunger nach Gerechtigkeit muss die Tagesordnung des Denkens und Handelns bestimmen und Priorität haben gegenüber den Debatten, mit welchen Strukturen die deutschen Kirchen einen Beitrag leisten können. Diese Frage ist nicht irrelevant, aber die Antwort ist überfällig. Um so erfreulicher, dass Aussicht besteht, dass sie im Laufe des Jahres geklärt wird. Dann wird es darum gehen, das Engagement für eine gerechtere Welt gemeinsam fortzuführen. Genügend Aufgaben gibt es wahrlich.
aus: der überblick 01/2001, Seite 132
AUTOR(EN):
Frank Kürschner-Pelkmann:
Frank Kürschner-Pelkmann ist Redakteur der FORUM-Seiten im überblick