Bildungsmärkte bieten Wahlmöglichkeiten, erhöhen aber die Leistungen nicht
Nach einer marktwirtschaftlichen Devise wollen Bildungspolitiker in vielen Ländern die Qualität des Schulunterrichts verbessern: mehr Konkurrenz zwischen privaten und öffentlichen Schulen. Wissenschaftliche Untersuchungen in verschiedenen Ländern haben jedoch ergeben, dass Eltern zwar die Wahlmöglichkeit schätzen und von ihr Gebrauch machen, dass sich aber die Leistungen der Schüler dadurch nur selten verbessern.
von Martin Carnoy
Würden alle Schüler einen Bildungsgutschein erhalten, den sie in jeder beliebigen Schule einlösen könnten, so behaupten die Konservativen, würde sich ein regelrechter Markt für Bildungsdienstleistungen entwickeln. Dieser Markt würde besonders den Armen mehr Wahlmöglichkeiten im Bildungswesen eröffnen und die Effizienz der Schulausbildung verbessern, indem er das öffentlich-staatliche Bildungsmonopol durchbreche. Mehr Wahlmöglichkeiten machten Eltern zufriedener. Höhere Effizienz heiße entweder, dass die gleiche Unterrichtsqualität zu geringeren Kosten erreicht werden könnte, weil Privatschulen für weniger Geld die gleichen schulischen Leistungen hervorbringen könnten wie die ineffizienten öffentlichen Schulen, oder aber dass die schulischen Leistungen bei gleich bleibenden öffentlichen Ausgaben pro Schüler steigen würden.
Diese Behauptungen setzen vielerlei voraus: Erstens, dass die Eltern von schulpflichtigen Kindern zufriedener wären, wenn sie mehr Möglichkeiten zur Wahl der Schule hätten. Zweitens, dass Eltern solche Schulen auswählen würden, die die Lernfähigkeit ihrer Kinder, deren soziale Integration und andere von der Gesellschaft geschätzte Eigenschaften steigern. Drittens, dass Marktmechanismen im Bildungssektor den Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Schulen fördern würden und dass dies zu einer Verringerung der Ausgaben pro Schüler beziehungsweise zu besseren schulischen Leistungen bei gleich bleibenden Ausgaben pro Schüler führen würde. Viertens, dass sozial schwache Familien die Hauptnutznießer von Bildungsgutschein-Programmen sind, weil sie derzeit die geringsten Wahlmöglichkeiten haben. Denn während besser situierte Eltern in Stadtteile mit besseren öffentlichen Schulen umziehen oder ihre Kinder in teure Privatschulen schicken könnten, seien die Armen weitgehend auf weniger gute öffentliche Schulen in Stadtteilen mit gering verdienenden Familien angewiesen.
Stimmen diese Annahmen? Wirken sich Marktelemente im Bildungssektor so aus, wie die Konservativen es darstellen? Gibt es Programme mit Bildungsgutscheinen, die der Gesellschaft mehr Vorteile bringen als andere Strategien zur Verbesserung des Schulwesens?
Eine große Anzahl von Untersuchungen über die Auswirkungen verschiedener Programme mit Bildungsgutscheinen hat zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt. Sie enthalten jedoch keinen zwingenden Hinweis darauf, dass Bildungsgutscheine der optimale Weg zur Verbesserung des Bildungswesens sind. Die Studien beschäftigten sich mit Subventionen für konfessionelle Schulen in Deutschland und Ungarn sowie nationalen Gutscheinprogrammen in den Niederlanden, Chile und Neuseeland. Ebenfalls untersucht wurden die beiden größten Gutscheinprogramme für US-amerikanische Schüler aus armen Familien, die in Innenstädten leben, - eines in Cleveland und ein etwas größeres Programm in Milwaukee - sowie verschiedene kleinere Versuchsprogramme mit Bildungsgutscheinen in mehreren anderen Städten der USA.
Die Ergebnisse all dieser Studien stimmen in einigen Punkten weitgehend überein, widersprechen einander aber in anderen. Sie zeigen, dass Eltern es bevorzugen, sich eine Schule aussuchen zu können. Dies trifft besonders auf Familien mit geringem Einkommen zu, die ohne Gutscheine keinen Zugang zu privaten Schulen hätten. Bildungsgutscheine erhöhen ihre Zufriedenheit. Den Eltern macht es offenbar nichts aus, wenn ihre Kinder bei der Schule erster oder zweiter Wahl abgelehnt werden. Es scheint ihnen um die Wahlmöglichkeit zu gehen.
In allen untersuchten Ländern - mit Ausnahme der Niederlande - melden die besser gebildeten Eltern ihre Kinder gerne von einer öffentlichen zu einer privaten Schule um. Das trifft sowohl auf die zu, die besser gebildet sind als der gesamtgesellschaftliche Durchschnitt, als auch auf die, die besser gebildet sind als der Durchschnitt ihrer Teilgruppe, etwa der Gruppe mit niedrigem Familieneinkommen. Es findet also eine Selektion nach sozialer Schichtung statt. Ob das ein positives oder ein negatives Ergebnis ist, hängt von der Einstellung jedes Einzelnen zur Chancengleichheit ab. Einige Forscher sagen, es sei gut, zumindest ein paar Kinder aus einkommensschwachen Familien vor schlechten öffentlichen Schulen zu bewahren, selbst wenn dies zu Ungleichheit führe.
Sind aber die Vorteile der zunehmenden Auslese groß genug, um zu rechtfertigen, dass andere dann geringere Chancen auf eine entsprechende Bildung bekommen? Selbst solche Untersuchungen, die schulische Leistungssteigerungen für die Schüler attestieren, die mit Gutscheinen private Primarschulen besuchen, zeigten, dass diese Leistungssteigerungen gering sind. In einigen europäischen Ländern, namentlich den Niederlanden und Ungarn, weisen die Schüler religiös gebundener Schulen signifikant höhere Leistungen auf, selbst unter Berücksichtigung unterschiedlicher sozialer und wirtschaftlicher Herkunft. Eine in Holland, Ungarn und Nordrhein-Westfalen durchgeführte Untersuchung von Jaap Dronkers und seinen Kollegen zeigt, dass Schüler mit ähnlichem sozialen Hintergrund in den religiösen Privatschulen höhere schulische Leistungen erbringen, als in den öffentlichen.
Für Holland und Deutschland ergab die Studie jedoch auch, dass Schüler mit ähnlichem sozialen Hintergrund in den nichtkonfessionellen Privatschulen schlechtere Leistungen erbringen. Studien, die andere deutsche Bundesländer miteinbeziehen, konnten selbst für Konfessionsschulen keine signifikanten Leistungsunterschiede feststellen. Die Forschungsergebnisse aus Holland und Ungarn sind zudem fragwürdig, weil die Art und Weise, wie die Schüler ausgewählt wurden, die Resultate verzerrt. Wie vielen anderen Querschnittsuntersuchungen, bei denen die Auswirkung einzelner Faktoren auf die ausgewählten Gruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt geprüft wird, gelingt es ihnen daher nicht, "unberücksichtigte" Unterschiede in der Motivation von Schülern und Eltern als Störfaktor auszuschalten. In seiner kürzlich veröffentlichten Dissertation über die Merkmale holländischer Privatschulen hat Jesse Levin solche Verzerrung besser korrigiert. Auch er fand heraus, dass die katholischen Schulen besser abschnitten, allerdings nur geringfügig.
Die Studien aus den Vereinigten Staaten, Chile und Neuseeland zeigten - im Gegensatz zu den europäischen Untersuchungen - kaum bessere Leistungen bei Privatschulen. In den USA und Chile ist nicht festzustellen, dass die Bildungsgutscheine ihren eigentlichen Zweck erfüllen, nämlich (als Folge der Wahlfreiheit) die Leistung von Schülern in Grundschulen zu verbessern. Das trifft sogar dann zu, wenn die Schüler aus sozial schwachen Familien stammen und zuvor unzulängliche öffentliche Schulen besucht hatten. Wenn man etwa die Ergebnisse aus Cleveland, Milwaukee, New York, Washington DC und Dayton in Ohio genauer betrachtet, muss man feststellen, dass die Schüler aus Latino-Familien nicht signifikant von den Gutscheinen profitieren. Lediglich ein kleiner Prozentsatz von afroamerikanischen Schülern zieht einen nachweislichen Nutzen aus dem Wechsel zu einer Privatschule. Da sich die Untersuchungen der drei zuletzt genannten Städte auf eine Zufallsauswahl von Schülern an privaten und öffentlichen Schulen stützt, sind die Ergebnisse statistisch gesehen überzeugender als die europäischen, wo Verzerrungen in den Ergebnissen nicht korrigiert werden konnten.
In Chile haben alle Schüler seit 1981 ein Anrecht auf Bildungsgutscheine, die sie entweder in privaten oder öffentlichen Schulen einlösen können. Im Jahr 1980 - bevor das Gutscheinprogramm in Kraft getreten war - hatten etwa 20 Prozent der chilenischen Kinder vom Kindergartenalter bis zur achten Klasse Bildungseinrichtungen in privater Trägerschaft besucht. In den frühen neunziger Jahren gingen 43 Prozent der Schüler der achten Klasse in eine private Einrichtung, und zwar sowohl in Privatschulen, die Bildungsgutscheine annehmen, als auch in unabhängige Privatschulen, die keine Gutscheine akzeptieren. Die meisten Schüler von privaten Bildungseinrichtungen - 36 Prozent - besuchen Privatschulen, die Gutscheine annehmen. Von diesen haben ein Drittel konfessionelle Schulen und zwei Drittel nichtreligiöse gewinnorientierte Privatschulen gewählt. Die chilenische Erfahrung ist interessant, weil sie zeigt, wie ein Bildungsmarkt funktioniert, wenn die Eltern Wahlfreiheit haben in einem System mit vielen nahezu nicht reglementierten Privatschulen. In den achtziger Jahren gab es nicht einmal eine Lehrergewerkschaft in Chile, die Bildungsinnovationen hätte verhindern können.
Trotz dieser Umstände hat der freie Markt im Bildungssektor nicht die Auswirkungen gehabt, die man vorhergesagt hatte: So gibt es keine Hinweise darauf, dass die Testergebnisse der Schüler in Mathematik und Sprachen in dem langen Zeitraum des Gutscheinprogramms von 1981 bis 2000 besser geworden wären. Es gibt hingegen deutliche Anzeichen dafür, dass bei gleichem sozialen Hintergrund Schüler in öffentlichen Schulen im Vergleich zu Schülern an Privatschulen, die Gutscheine annehmen, bei nationalen Tests gleich gute oder bessere Ergebnisse erzielen. Schüler katholischer Schulen, die Gutscheine annehmen, schneiden etwas besser ab als Schüler öffentlicher Schulen, und Schüler aus gewinnorientierten Privatschulen, die Gutscheine akzeptieren, etwas schlechter. Je niedriger allerdings das soziale und wirtschaftliche Umfeld der Schüler war, desto schlechter schnitten die Schüler mit Bildungsgutscheinen in Privatschulen im Vergleich zu Schülern der staatlichen Schulen ab.
Wenngleich sich also der Wechsel an Privatschulen nicht wesentlich auf die Leistungen der Schüler auszuwirken scheint, könnte doch - so eine Annahme - die Wahlfreiheit für Familien die öffentlichen Schulen mit unzureichenden Leistungen dazu zwingen, ihre Qualität zu verbessern. Man sollte denken, dass sich in diesem Fall der Wettbewerb zwischen den Schultypen positiv auf die Leistungen der Schüler auswirkt.
Wenn es jedoch überhaupt einen Wettbewerbseffekt gibt, dann ist dieser offenbar sehr gering. Clive Belfield und Henry M. Levin von der Columbia University haben eine Menge Studien zu Schulleistungen in den USA gesichtet und dabei herausgefunden, dass ein aus dem Wettbewerb resultierender Nutzen in den meisten Fällen unbedeutend ist."Es gibt einen statistischen Zusammenhang zwischen größerem Wettbewerb und besserer Qualität des Schulwesens", schreiben sie. "Dennoch ... sind die Auswirkungen des Wettbewerbs auf die schulischen Leistungen offenbar unerheblich, etwa ein Drittel bis zwei Drittel der Zusammenhänge waren statistisch nicht signifikant ... ."
Dijkstra, Dronkers und Karsten argumentieren, dass in den holländischen Distrikten mit einer gleichmäßigen Verteilung von katholischen, protestantischen und öffentlichen Schulen die Schüler insgesamt bessere schulische Leistungen aufweisen, weil die Eltern tendenziell eine bewusste Entscheidung für eine bestimmte Schule treffen. Distrikte, in denen entweder eine bestimmte Konfessionsschule oder eine öffentliche Schule die Vorrangstellung hat, weisen im Durchschnitt schwächere Leistungen auf. Die Autoren stellen dies als einen Hinweis auf einen positiven Wettbewerbseffekt dar. Als klarer Beweis für die Wettbewerbshypothese kann es aber kaum gelten.
Zusammen mit dem Wirtschaftswissenschaftler Patrick McEwan vom Wellesley College (Massachussets, USA) habe ich statistisches Material über die Ergebnisse und die Effizienz der chilenischen Privatschulen in den zwanzig Jahren des Gutscheinprogramms ausgewertet. Wir verglichen öffentliche Schulen, die seitdem in einem intensiven Wettbewerb mit Privatschulen stehen, mit solchen, die ohne private Konkurrenz geblieben waren. Eine auffällige Verbesserung der Testerergebnisse derjenigen öffentlichen Schulen, die dem Wettbewerb ausgesetzt waren, konnten wir nicht feststellen.
Wir haben auch viele Schulleiter öffentlicher Schulen in Santiago und anderen Städten interviewt und sie gefragt, wie sie sich angesichts der Bildungsgutscheine verhalten. Die meisten waren sich dessen bewusst, dass sie mit den privaten Schulen um die Schüler konkurrieren. Sie meinten jedoch mehrheitlich, dass in einer Umgebung, in der private Schulbildung als sozial höherwertig angesehen wird, eine qualitative Verbesserung der öffentlichen Schulen nur geringe Auswirkungen auf das Wahlverhalten der chilenischen Eltern habe.
Wie bei aller Forschung zur Auswirkung von Wettbewerb mussten wir den Einfluss von "Rosinenpicken" berücksichtigen: Wenn in der Gesellschaft die Meinung herrscht, dass Privatschulen besser als staatliche Schulen seien, neigen besser ausgebildete Eltern als erste dazu, ihre Kinder aus dem öffentlichen Schulsystem herauszunehmen und auf Privatschulen zu schicken. So lag der Anteil der Kinder bildungsschwacher Eltern an öffentlichen Schulen nach 20 Jahren Gutscheinprogramm weit höher als im Jahr 1980.
Da die schulischen Leistungen der Kinder eng mit dem Ausbildungsstand der Eltern verknüpft sind, sinken die Testergebnisse öffentlicher Schulen, wenn die besser gebildeten Familien ihre Kinder zu Privatschulen ummelden. Dies geschieht unabhängig von einem möglichen positiven Wettbewerbseffekt in eben diesen Schulen. Es ist nahezu unmöglich, die nachteilige Wirkung des Rosinenpickens auf die durchschnittliche Leistung in einer öffentlichen Schule von dem vorteilhaften Einfluss des Wettbewerbseffekt für die Testergebenisse zu trennen. Öffentliche Schulen verlieren ihre besseren Schüler an Privatschulen und erzielen deswegen schlechtere durchschnittliche Testergebnisse, während die Schulleitung sich wiederum darum bemüht, die Ergebnisse zu verbessern, um so die Schüler zu halten.
Die Folgen des Rosinenpickens wurden kürzlich auch bei zwei Untersuchungen des Schulwesens in Neuseeland genauer betrachtet. Dort können sich Schüler wegen der freien Schulwahl auch außerhalb ihres Wohngebietes in öffentliche oder private Schulen einschreiben. Die Studien zeigen, dass in Neuseeland stark vom Rosinenpicken Gebrauch gemacht wird, und dass das zu einer ethnischen Polarisierung mit entsprechend unterschiedlichen Leistungen in den Schulen führt: In den einen werden überwiegend die Kinder aus einkommensschwachen Maori-Familien unterrichtet, der ursprünglichen Bevölkerung Neuseelands, in den anderen die Kinder aus europäischstämmigen besser verdienenden Familien.
Man muss wohl sagen, dass die durchschnittlichen Testergebnisse in Chile und Neuseeland (und vermutlich auch in Holland) trotz des Wettbewerbs zwischen den Schulen nicht besser geworden sind. Zwischen 1994 und 2001 kann man im Falle Chiles die Testergebnisse der vierten und achten Klassen aus den verschiedenen Jahren, in denen solche Leistungsvergleiche stattfanden (4. Klasse: 1994, 1996, 1998 und 2000; 8. Klasse 1995, 1997, 1999 und 2001), gegenüberstellen. Es war kein eindeutiger Trend zu einer Verbesserung festzustellen. Die Forscher haben auch keinen Hinweis darauf gefunden, dass die Schüler in Neuseeland mehr gelernt haben, seit das Gutscheinprogramm aufgelegt wurde. Würde Wettbewerb die Produktivität der Schulen erhöhen, hätte sich in diesen Systemen etwas zum Besseren ändern müssen. Doch die Abwanderung von Schülern an Privatschulen hat sich nicht positiv auf die gesamten schulischen Leistungen ausgewirkt.
Welche Schlussfolgerung kann man aus all diesen Untersuchungsergebnissen ziehen? Welchen Nutzen kann die Verbreitung von Privatschulen haben? Einen immerhin: Eltern möchten wählen können, welche Schulbildung ihre Kinder erhalten. Und Bildungsgutscheine ermöglichen Eltern mit einem niedrigen Einkommen ein Maß an Wahlfreiheit, das sie sonst nicht hätten. Die Einführung von Marktelementen und Wahlmöglichkeiten im Bildungssektor würde also zumindest einen Teil von sozial schwachen Eltern und ihren Kindern zufriedener machen.
Wenig deutet jedoch darauf hin, dass sich das Bildungswesen oder die schulischen Leistungen bedeutend verbessern, wenn das private Schulangebot erweitert wird. Die große Anzahl von konfessionellen Schulen als fester Bestandteil des Bildungssystems wie etwa in Holland oder Belgien stellt eine Ausnahme dar. Aus einer Reihe von Gründen mögen die Schüler solcher staatlich anerkannten religiösen Schulen beim Leistungsvergleich besser abschneiden als die in säkularen staatlichen Schulen. Religiöse Privatschulen arbeiten mit kleineren Klassen und können an ein Gemeinschaftsgefühl appellieren, das in vielen öffentlichen Schulen fehlt. Auch in Chile haben wir feststellen können, dass die Schüler katholischer Schulen bessere Testergebnisse hatten, als vergleichbare Schüler öffentlicher Schulen. In diesem Land aber geben die katholischen Schulen auch mehr Geld pro Schüler aus als die öffentlichen Schulen.
Trotzdem müssten Schüler in Chile, den Vereinigten Staaten oder irgendeinem anderen Land, in dem der Anteil der Schulplätze in religiös gebundenen Schulen relativ gering ist, nichtreligiöse Privatschulen besuchen, wenn sie von ihren Gutscheinen Gebrauch machen wollen. Und das genau passierte in Chile jetzt auch in Milwaukee. Die schulischen Leistungen von Schülern mit gleichem sozialen Hintergrund sind aber regelmäßig in säkularen Privatschulen schlechter eingestuft worden, als in öffentlichen Schulen. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass die Bezuschussung neuer Privatschulen durch ein Gutscheinsystem die Bildung für Kinder aus sozial schwachen Familien verbessert. Auch der Wettbewerb unter den Schulen scheint das Bildungsniveau nicht zu verbessern.
Daraus folgt eigentlich nur eins: Die einzige Methode zur Verbesserung des Schulwesens besteht darin, den Lehrplan, die fachliche Qualifikation der Lehrer und die Unterrichtsmethodik zu verbessern. Märkte bieten Wahlmöglichkeiten, aber keine besser vorbereitete Lehrerschaft oder einen anspruchsvolleren Lehrplan. Diese Verbesserungen können nur durch aktive staatliche Eingriffe erzielt werden.
Literatur
Martin Carnoy: Do School Vouchers Improve Student Performance? Economic Policy Institute, Washington, D.C. 2001
Martin Carnoy: Should States Implement Vouchers Even If They Are Constitutional? In: School Vouchers - Settled Questions, Conti-nued Disputes. Pew Forum on Religion and Public Life, Washington, D.C. 2002
AnneBert Dijkstra, Jaap Dronkers und Sjoerd Karsten: Private Schools as Public Provision for Education: School Choice and Marketization in the Netherlands and Elsewhere in Europe. Studie vorgestellt bei der Jahresversammlung der American Educational Research Association, Seattle, Washington 2001
Jaap Dronkers: More Parental Choice in Europe? Overview of Effectiveness Differences Between Religious Schools In Several European Societies. Studie vorgestellt bei der Jahresversammlung der American Educational Research Association Meeting, Seattle, Washington 2001
Edward B. Fiske und Helen Ladd: When Schools Compete; A Cautionary Tale. The Brookings Institution, Washington, D.C. 2000
Hugh Lauder u. a.: Trading in Futures - Why Markets in Education Don t Work. Philadelphia 1999
Jesse Levin und Erik Plug: Instrumenting Education and the Returns to Schooling in the Netherlands. In: Labour Economics, 6 , Amsterdam 1999
Daniel Mayer, Paul Peterson, David Myers, Christina Tuttle, William Howell: School Choice in New York City After Three Years: An Evaluation of the School Choice Scholarships Program. Mathematica Policy Research, Inc., Princeton, NJ 2002
Patrick McEwan und Martin Carnoy: The Effectiveness and Efficiency of Private Schools in Chile s Voucher System. Educational Evaluation and Policy Analysis, 22, 3/2000
aus: der überblick 04/2002, Seite 26
AUTOR(EN):
Martin Carnoy:
Dr. Martin Carnoy lehrt Bildungsökonomie an der Stanford University in Kalifornien.