Die ökumenische Bewegung muss mutiger werden. Sie muss stärker dem eigentlichen Leben der Kirchen entsprechen. Unsere Kirchen müssen erkennen, dass diese Bewegung uns zur Erneuerung verpflichtet.
Im Jahr 2008 finden drei Jahrestage von wichtigen ökumenischen Ereignissen statt, an die in diesem letzten Heft des "überblick" erinnert werden soll:
Seit Heft 1/1970 gibt es in jedem Heft von "der überblick" die Rubrik "Meditation". Es ging dabei vor allem darum, biblische Texte auszulegen, die besonders dazu geeignet sind, die Mitverantwortung der Christen und Kirchen für weltweite Bemühungen zur Überwindung der Armut und ihrer Ursachen, für Frieden, Menschenrechte und Gerechtigkeit zu motivieren und zu gestalten.
Im vorliegenden Heft 4/2007, mit dem das Erscheinen von "der überblick" beendet wird, soll dieser wichtige Teil unserer Zeitschrift abgeschlossen werden durch den Abdruck der nach wie vor höchst aktuellen Botschaft an die Kirchen, die von der Vierten Vollversammlung des ÖRK in Uppsala 1968 verabschiedet worden ist.
Wir hoffen, dass andere kirchliche oder – vielleicht besser noch – so genannte weltliche Medien im kommenden Jahr in gebührender Weise auf die genannten Jubiläen aufmerksam machen werden.
Die Redaktion
Aufsehenerregende Schritte in wissenschaftliches Neuland, der Protest revoltierender Studenten, das Erschrecken über politische Morde, kriegerische Zusammenstöße: das sind die Zeichen des Jahres 1968. Vor diesem Hintergrund traf sich die Vollversammlung in Uppsala. Sie trafen sich vor allem, um zu hören.
Wir hörten den Schrei derer, die sich nach Frieden sehnen. Die Hungernden und die Ausgebeuteten rufen nach Gerechtigkeit. Die Verachteten und Benachteiligten verlangen ihre Menschenwürde. Millionen suchen nach einem Sinn ihres Lebens.
Gott hört diese Rufe und richtet uns. Er spricht aber auch das befreiende Wort. Wir hören ihn sagen: Ich gehe vor euch her. Weil Christus eure schuldhafte Vergangenheit auf sich nimmt, macht der Heilige Geist euch frei zum Dasein für andere. Lebt jetzt schon in meinem Reich in froher Anbetung und in wagemutigem Handeln. Unser Herr spricht: "Siehe, ich mache alles neu."
Im Vertrauen auf Gottes erneuernde Kraft rufen wir euch auf: Beteiligt euch an dieser Vorwegnahme des Reiches Gottes, und lasst heute schon etwas von der Neuschöpfung sichtbar werden, die Christus an seinem Tag vollenden wird.
1. Jeder ist jedermanns Nachbar geworden. Wir sind von Unterschieden und Spannungen zerrissen und wissen noch nicht, wie wir zusammenleben können. Aber Gott erneuert. Christus will, dass seine Kirche jetzt schon ein Zeichen und die Ankündigung einer erneuerten menschlichen Gemeinschaft ist. Deshalb werden wir Christen die Einheit, die wir in Christus haben, dadurch bezeugen, dass wir, jeder an seinem Platz, in die Gemeinschaft mit Menschen anderer Rassen, Klassen, Altersgruppen oder religiöser und politischer Überzeugungen eintreten. Vor allem werden wir versuchen, die Rassendiskriminierung zu überwinden, wo immer sie auftritt.
2. Die wissenschaftlichen Entdeckungen und revolutionären Bewegungen unserer Zeit stellen den Menschen vor neue Möglichkeiten und Gefahren. Der Mensch hat die Orientierung verloren. Er weiß nicht mehr, wer er ist. Aber Gott erneuert. Die biblische Botschaft antwortet auf die Frage nach dem Menschen: Er ist Gottes Treuhänder für die ganze Schöpfung. In Christus wird der neue Mensch sichtbar und verlangt von uns, dass wir uns entscheiden. Deshalb nehmen wir unseren Auftrag als Treuhänder für die Schöpfung an, indem wir ihren Reichtum wahren, entwickeln und untereinander teilen. Als Christen verkündigen wir Jesus als unseren Herrn und Heiland. Gott kann uns in Christi neue Menschheit verwandeln.
3. Die Stelle, an der heute die Entscheidungen fallen, ist die immer breiter werdende Kluft zwischen Reich und Arm, die durch das Wettrüsten ständig weiter aufgerissen wird. Aber Gott erneuert. Er hat uns erkennen lassen, dass Christen, die durch ihr Handeln ihren Mitmenschen die Menschenwürde verweigern, Jesus Christus verleugnen, trotz aller Glaubensbekenntnisse, die sie sprechen.
Deshalb wollen wir Christen zusammen mit Menschen jeder Überzeugung für die Sicherung der Menschenrechte in einer gerechten Weltgemeinschaft eintreten. Wir werden uns für Abrüstung einsetzen und für Handelsabkommen, die allen Beteiligten gerecht werden. Wir sind bereit, uns selbst eine Abgabe aufzuerlegen, um damit ein weltweites Steuersystem vorzubereiten.
4. Diese Verpflichtungen setzen Anbetung, Selbstbeherrschung und gegenseitige Berichtigung in einer weltweiten Gemeinschaft voraus. Im Ökumenischen Rat der Kirchen und seinen regionalen, nationalen und örtlichen Partnern wurde uns erst der Anfang zu einer solchen Gemeinschaft geschenkt. Aber Gott erneuert. Die ökumenische Bewegung muss mutiger werden. Sie muss stärker dem eigentlichen Leben der Kirchen entsprechen. Unsere Kirchen müssen erkennen, dass diese Bewegung uns zur Erneuerung verpflichtet.
Deshalb bestätigen wir aufs neue unsere Verpflichtung, uns gegenseitig zu helfen und einander den rechten Weg zu zeigen. Die gegenwärtigen Pläne, die auf die Einheit der Kirchen zulaufen, verlangen Entscheidungen. Wir suchen vollkommenere Gemeinschaft mit den Kirchen, die noch nicht mit uns verbunden sind. Wir wissen, dass wir mit unserem Leben nie voll ausdrücken können, was wir bekennen. Wir sehnen uns danach, dass Gott die Herrschaft übernimmt. Aber wir sind froh, dass wir mit unserem Gottesdienst jetzt schon die Zeit vorwegnehmen können, in der Gott uns selbst, alle Menschen und alle Dinge erneuert.
Gott, unser Vater, Du kannst alles neu machen. Wir befehlen uns Dir an.
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aus: der überblick 04/2007, Seite 118